Anderson.Paak Malibu (2016)
Anderson .Paak habe ich durch YouTube entdeckt. Ich machte ohne große Erwartung auf den neuen Beitrag einen Doppelklick des Abos von NRP Music Tiny Desk Concert (das ist für mich die zeitgerechte Variante der früheren MTV Unplugged Serie) und ich war für 45 Minuten sprachlos. Das Konzert dauert zwar nur 15 Minuten, aber ich hab es mir dreimal hintereinander angeschaut. Ein Typ Hut und Brille ist am Schlagzeug und singt und rapt - während er so ganz nebenbei - die coolsten Rhythmen aus dem Handgelenk schüttelt. Er ist verdammt entspannt und grinst mit seinen zirka 2.571 schneeweißen Zähnen extrem breit in die Kamera. Seine Musik und seine Spielweise sind so beeindruckend wie cool. Wenn man mich fragen würde, ob es Hiphop, Funk oder Jazz ist, lautet die Antwort „Ja.“. Der Schlagzeuger und Sänger ist Anderson .Paak, ein Unbekannter für mich.
Aufgewachsen ist er in Kalifornien. Seine ersten Jahre waren mehr als hart. Als er ein Kind war, bekam sein Vater eine langjährige Haftstrafe und als Teenager wurde seiner Mutter wegen Betrug in Gewahrsam genommen. In seiner Zeit als junger Musiker bekam er durch eine Entlassung so hohe Schulden, sodass er für kurze Zeit mit seiner Frau und seinem Kind sogar kurz obdachlos war. Das war im Jahr 2011.
2013 änderte es sein Pseudonym Breezy Lovejoy in Anderson .Paak. Der Punkt soll ihn und andere dabei laut eigener Aussage stets an die Wichtigkeit von Details erinnern. Der Grundstein legte Dr Dre. Er gab ihn auf seinem Album „Compton“ stolze sechs Featureparts. Verdammt viel für einen unbekannten Musiker. Den Plattenvertrag bekam er von Dr. Dres Aftermath Entertainment. Im Jahr 2016 erscheint „Malibu“ und das Album schlägt in den USA ein. Es ist sein erster Charterfolg. Im Sommer 2016 folgte er das Tiny Desk Concert und brachte es zum erfolgreichsten Konzert in dieser Reihe. Aktuell liegt das Video bei über 100 Mio. Aufrufen.
Also für mich hat Anderson .Paak jeden Grund der Welt jetzt einfach gut gelaunt zu lächeln. Sie sollten sich sein Konzert und sein Strahlen auch anschauen - die 15 Minuten sind es sicher wert. ;) https://youtu.be/ferZnZ0_rSM?feature=shared
Gehen wir ins Album und hören wir uns einmal den einfalls-, facetten- und detailreich produziert Song „The Bird“ an. Dieser Track ist für mich bezeichnend für seinen Stil und seine Arbeit. Die Kulisse wirkt wie improvisiert: Da ist eine Gitarre, dort sind die Drums, hier noch eine verwehte Trompete, wir nehmen noch Sprach- und Gesangsfetzen, die ineinandergreifen dazu. Das ist so, als habe man die einzelnen Bestandteile im Vorüberschlendern aufgeschnappt. Dass sie sich dennoch zu einem stimmigen Ganzen fügen, zeigt die Kunst von Anderson .Paak. Es ist einfach wundervoll!
Wenn es für mich so etwas gibt, wie ein Lieblingsstück, dann ist es „Come Down“. Ein treibender funky Bass der den Kopf nicken lässt, dazu kommt dieses unglaublich präzise Hi-Hat. Ich bin mir sicher bei der Geburt von Anderson .Paak sagte das Krankenhaus zu seiner Mutter „Gratulation! Sie haben ein gesundes Metronom auf die Welt gebracht.“ Dieser Rhythmische Track hat einen Flow, den ich so noch nicht gehört habe. Falls Sie in Salzburg sind und einen hüpfend-spazierenden Michael Jug mit träumenden Blick in sehen sollten, dann winken sie mir einfach zu. Ich habe wohl gerade diesen Song im Ohr.
Was mir sehr sympathisch ist, dass der Künstler nicht vergisst, woher er kam. Er reflektiert seinen plötzlichen Ruhm, aber die dürren Jahre vorher bleiben präsent. Er hat das große Bedürfnis, seinem Umfeld etwas zurück zu geben. Das quillt geradezu aus der Hymne "The Dreamer" hervor, wo allen kleinen Visionären da draußen Mut zuspricht: "Don't stop now, keep dreaming." Das wird stimmungsvoll verstärkt mit einem Kinderchor im Rücken und mit Talib Kweli an seiner Seite. Ein echter Ohrwurm.
Das Album wurde ca. 500.000 mal in den USA verkauft und ist sein Fundament für die aktuellen Projekte. Eines davon ist eine gemeinschaftliche Produktion mit Bruno Mars „Silk Sonic“, die zwei nehmen sich selber nicht wirklich ernst und haben sichtlich Spaß dabei, außerdem machen sie zusammen verdammt gute Musik.
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